Für mein Buch New Work Unplugged hat mir Katja Horter, Beraterin und Coach mit den Spezialgebieten Corporate Education und digitale Weiterbildungsstrategien, spannende Einblicke in ihre aktuellen Erfahrungen und Beobachtungen gegeben.
Wie entwickelt sich Weiterbildung in Unternehmen?
Ein Trend, der sich bereits vor Corona abgezeichnet hat: Weiterbildung wird immer mehr über Onlineangebote und Lernnuggets gestaltet – kurze Sequenzen während des Arbeitsalltags, die die Umsetzung in der Praxis fördern.
Lernen auch einfach während des Arbeitsalltags?
Ja. Wichtig ist dabei, dass die Lernnuggets wiederum in ein größeres Gesamtprogramm eingebunden werden. Meiner Ansicht nach ist es am hilfreichsten, wenn es eine bestimmte Zeit gibt, in der gelernt, in der Wissen aufgenommen wird. Und zusätzlich eine Zeit, in der Erfahrungsaustausch stattfindet, in der auch Skill-Anwendungen Raum haben. Sowie Momente, in denen man liest oder sich Videos anschaut.
Wohin entwickelt sich das Lernen von Standardprogrammen?
Ich denke, das Lernen von Standardprogrammen, zum Beispiel Excel, wird nicht mehr Face-to-Face sein. Es wird eher so sein, dass man eine Einführung bekommt, die kann online durch ein aufgezeichnetes Training erfolgen, das muss kein Präsenztraining mehr sein. Dort erhält man die Grundkenntnisse, einen Grundführerschein – alles Weitere kann man sich dann selbst im Laufe der Zeit aneignen. Über Datenbanken zum Beispiel, über die das Know-how abrufbar ist. Dieses „Lernen im Alltag“ müssen Unternehmen natürlich unterstützen. Also nicht einfach sagen: „Lebenslanges Lernen und Weiterbildung ist in eurer Verantwortung“, sondern wirklich Zeit dafür geben im Alltag, zum Beispiel indem es ganz natürlich dazugehört, Tutorials zu schauen.
Das ist auch eine Frage der Unternehmenskultur.
Absolut. Die Unternehmen müssen nicht nur die Zeit schaffen, sondern auch die Kultur! Es ist wichtig zu ermöglichen, dass Leute miteinander lernen, untereinander Wissen weitergeben. „Peer-Learning“ – ein Geben und Nehmen.
Wie kann man das Bewusstsein dafür schaffen, dass es manche Jobs in ein paar Jahren nicht mehr geben wird?
Oder sogar andersrum! Denn wäre man im Versandhandel schon vor zehn oder 15 Jahren auf die heute 50-jährigen Mitarbeiter zugegangen und hätte gesagt: „Hast du nicht mal Lust auf Programmierung? Spannendes Thema. Da gibt es ein Seminar, probier‘ das doch mal aus!“ Also positiv versus negativ, nicht: „Deinen Job wird´s nicht mehr geben!“, denn das weiß man ja so genau gar nicht, sondern eher: „Probier‘s doch mal aus!“
Das macht es wahrscheinlich so schwierig: Niemand kann vorhersagen, wie sich die Dinge wirklich entwickeln. Und dann passiert dieses typische Verhalten „erst mal so weitermachen, läuft doch noch…“
Wir brauchen einen Kulturwandel, was Weiterbildung angeht: „Ich weiß, dass mein Job sich immer wieder verändert – und deswegen halte ich mich fit!“
Und wie wird Lernen in Unternehmen zukünftig gestaltet?
Vieles wird in der Mischung „Digital und Präsenz“ stattfinden. „Digital“ überwindet dabei den Ort, man kann zu einer Präsenzzeit dabei sein, vorm Rechner, und im Nachgang gibt es noch Videos und Unterlagen.
Menschen kommen also nach wie vor zum Lernen zusammen …
Absolut, Menschen wollen zusammenkommen. Das kann aber wie gesagt auch mal online sein: Man sitzt vorm Rechner, die Vorträge finden zu einem festen Zeitpunkt statt, und man kann realtime diskutieren. Der Mix ist das Wesentliche, sprich, es gibt etwas, auf das man sich vorbereitet, man ist zu einem Zeitpunkt online oder präsent an einem Ort, wo man sich mit anderen austauscht. Das Tolle ist, dass man es aufnehmen kann, um es zu einem späteren Zeitpunkt noch mal anzuschauen bzw. zu hören. Wiederholung einfach gemacht. So hat man auch die Möglichkeit, es viel besser in den Arbeitsalltag zu transformieren.
Das ist ja oft die Frage: Wie bekommen wir das Gelernte aus dem Seminar in den Alltag?
Ich teile das auf in die Elemente „vor dem Training“, „während des Trainings“ und „nach dem Training“. Sich also schon vor dem Training Gedanken machen, um dann vorbereitet zu sein für Diskussionen. Während des Trainings Ankerpunkte setzen, um das Gelernte in den Arbeitsalltag zu transportieren, also zu schauen: „Wie könnt ihr das im Alltag verankern?“ Und im Nachgang auch noch weitermachen, zum Beispiel nach drei Monaten eine Fortsetzung, um immer wieder Ankerpunkte zu setzen. Oder einen monatlichen Call machen. Was auch immer gut passt! Das Entscheidende ist, dass die Teilnehmer für die Umsetzung mitverantwortlich sind. Früher ist man nach zwei Tagen Weiterbildung nach Hause gegangen, aber irgendwie hat einen doch niemand wirklich verantwortlich dafür gemacht, das Gelernte umzusetzen.
Wie kann man insgesamt das Bewusstsein und die Wertschätzung für Bildung und Lernen weiter stärken?
Ich denke, das fängt sehr früh an. Mal ehrlich, Lernen … früher in der Schule … Das war ja kein besonderer Wert für uns…, allgemein in der Gesellschaft. Hat man sich als Schüler noch weitergebildet?
Meist war man froh, wenn die Hausaufgaben durch waren …
Oft ist es ja ungefähr so: „Wir müssen jetzt lernen, wir müssen uns hinsetzen – und das tut weh. Und nur dann gibt’s am Ende ein Zertifikat.“
Wie lässt sich das ändern?
Die positive Entwicklung derzeit ist, dass man schon frühzeitig anfängt, Spaß am Lernen und Ausprobieren zu fördern. Übertragen auf Unternehmen: den Mitarbeitern die Zeit geben, um zu lernen. Und die Möglichkeit, Gelerntes auszuprobieren. Das ist der Culture Change!
Weiterbildung in Unternehmen. Wie funktioniert Working out Loud?
Mitarbeiter befähigen, Teams aktivieren, New Work umsetzen
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